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WO GEHT ES HIN?

Mein Modell einer Familienhilfe im Gegensatz zur klassischen Kinder- und Jugendhilfe

Eine Gesellschaft muss sich daran messen lassen, wie sie mit den Schwächsten umgeht! Aber wie geht unsere wohlhabende Gesellschaft mit den Schwächsten um?

 

Hierzu habe ich in den letzten Tagen sehr viel gelernt. Begonnen hat es mit dem großen Kirchenbrand in Frankreich – da brannte Nôtre Dame. Innerhalb kürzester Zeit kamen Hilfsangebote aus aller Welt. Aus Deutschland sicherte Bundeskanzlerin Merkel Hilfe beim Wiederaufbau zu. Nüchtern betrachtet ist diese Kirche ein alter Kasten. „Tand – Tand – sind die Gebilde aus Menschenhand“ lässt Fontane schon seine drei Hexen sagen. Kinder verhungern, Staaten gehen zu Grunde, Nôtre Dame wird aufgebaut.

 

Es ist Zeit für eine finanzielle Umstrukturierung

 

"In der Kinder- und Jugendhilfe wird um jeden Cent gefeilscht!"

 

Für mich, die sieht, wie für die Kinder um jeden Cent gefeilscht wird, ist das nicht verständlich. Mir tut das einfach nur weh. So wird beispielsweise in der Nutztierwelt mehrheitlich dieses große Leid angerichtet, weil es an Geld mangelt, um eine Umstrukturierung zu finanzieren. Mit einem Bruchteil des Geldes, das zum Aufbau Nôtre Dames ausgegeben wird, wären ohne Probleme Subventionen für die Landwirtschaft zu finanzieren. Damit Bauern, die keine Lust mehr auf die unbeschreibliche Quälerei der Tiere haben, die Möglichkeit zur Wende gegeben wird.
Unendlich viele Dinge fallen mir ein, die nicht möglich sind, weil das Geld fehlt. Doch das stimmt so nicht ganz, es hat sich nur versteckt. Wie der Mond noch da ist, auch wenn man ihn nicht sieht. Oder, um einfach bei meiner Profession zu bleiben: Wann werden Gelder frei, um die Kinder- und Jugendhilfe von Grund auf neu zu strukturieren? Seit Jahren sehe ich Kinder und Jugendliche, die aus der Hilfsmaßnahme herauswachsen und wenn sie zurück in den Ursprungsfamilien sind, wieder in das alte Verhalten, in alte Muster, zurückfallen. Warum? Weil wir Kinder schützen, indem wir sie aus den Familien nehmen, aber gleichzeitig die Familien und die ursprünglichen Ursachen der Familienprobleme nicht in angemessener Weise finden und ändern. Es gibt immer Familien, denen nicht zu helfen ist, weil sie keine Lust auf Hilfe haben. Aber immer wieder erlebe ich Menschen, die gerne etwas ändern möchten, um bei und mit ihren Kindern leben zu können.

Meine Idee: Gemeinsames Wohnen und Lernen!

 

Meine Idee, die ich schon so oft vorgestellt habe, ist die: Es werden in Neubaugebieten vier Reihenhäuser angemietet. In dreien wohnen Familien, die bereit sind, sich helfen zu lassen und aktiv daran mitarbeiten wollen, eine Eigenständigkeit zu erlangen. Und im vierten wohnen dann die Betreuer, die sich täglich um diese Familie kümmern und beispielsweise in einem Schichtsystem eben diese Räumlichkeiten nutzen. Hier würde nun ebenfalls ein Training für die Familien stattfinden. Es würden Unterrichtseinheiten in den „Fächern“ Erziehung, Ordnung und Sauberkeit, Ernährung, Medienkompetenzen und vielen Fachgebieten mehr unterrichtet.

Künftig würden die Menschen ihre Häuser selbst putzen, anstatt dass in der Kinder- und Jugendhilfe angestellte Menschen die Häuser säubern, in denen ihre Kinder untergebracht sind. Mütter und Väter bringen ihre Kinder selbst ins Bett, denn sie haben gelernt, wie wichtig das ist. Hausaufgaben werden von den Eltern selbst betreut, denn auch das kann man lernen. Es ist ja immer davon auszugehen, dass Eltern, die die Elternschaft nicht annehmen und erfüllen konnten zumeist selbst Opfer waren.

Ich möchte keine Statistik bemühen und keine Zahlen jonglieren. Denn, dass meine Idee ein Erfolgsmodell wäre und viel, viel Geld eingespart werden könnte, das rechnet sich ohne Bleistift selbst aus. Vielleicht ist es deshalb auch so uninteressant.

Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass Kinder in den Häusern bleiben können, wenn die Eltern versagen. Denn dann ziehen die Eltern aus, Betreuer ziehen ein und es wird endlich damit aufgehört, die Schuld bei den Kindern zu suchen. Dann ist ganz klar, wer es verschuldet hat. Ich würde jedem Elternpaar (wenn ich das sage, meine ich immer auch Alleinerziehende) drei Chancen geben, in der engmaschigen Betreuung alles zu lernen, was in unserer Kultur zu einem funktionierenden Familienleben dazugehört und wie Kinder erzogen, beschützt und behütet werden.

"Wer nicht will oder nicht kann, verlässt das System und nicht wie bisher, die Opfer verlassen das System."

 

Die Vision dahinter

 

Und als Vision: Wenn eine Familie drei Jahre in diesem System erfolgreich war und sich selbst halten konnte, dann bliebe sie da auch wohnen. Neue Häuser würden gebaut bzw. hinzugekauft und Familien, die es geschafft haben, könnten Neuankömmlinge mitbetreuen. Nach dem Motto: Wir haben es geschafft, wir zeige es euch, wie ihr das auch könnt. Carl Jung nennt das „wounded healer“.

 

 

Falls ihr mehr über den "wounded healer" auf deutsch den "verwundeten Heiler" lesen wollt, so haben wir hier auf einen sehr guten Beitrag von Liane Hofmann und Christian Roesler verlinkt.