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DIE SCHWESTERN STILLE UND GEDULD

Hier am Sonnenhof fühlt es sich bereits nach Herbst an. Es wird allmählich kühler, die Luft riecht und schmeckt satter und so ganz langsam verfärben sich die ersten Blätter. Auch unsere Sonnenhof-Kinder kehren wieder früher am Tag ins Haus zurück und verlassen den Sommermodus.

 

Nichtsdestotrotz bepflanzen wir weiterhin unseren üppigen Garten mit schönen Blumen und pflegen selbstverständlich die bereits seit dem Sommer blühenden Blumen in ihren bunten Kübeln. Wir haben ja bereits des Öfteren darüber geschrieben, wie erfolgreich und ausdauernd unsere Sonnenhof-Kinder gärtnern. Aber auch jetzt fällt uns hier doch wieder auf, wie geduldig man sein muss, wenn man eben im Garten arbeitet. Wenn man einen Samen setzt und ihm jeden Tag Wasser bringt und zunächst einfach nichts sieht außer nasser Erde.

 

Was ist Geduld? Und worauf begründet sie sich?

 

Hier ein Auszug der Definition von Geduld auf wikipedia.de:

"Das Wort Geduld (auch altertümlich: Langmut) bezeichnet die Fähigkeit zu warten oder etwas zu ertragen. Oft gilt Geduld als eine Tugend; ihr Gegenteil ist die Ungeduld.

Als geduldig erweist sich, wer bereit ist, mit ungestillten Sehnsüchten und unerfüllten Wünschen zu leben oder diese zeitweilig bewusst zurückzustellen. Diese Fähigkeit ist eng mit der Fähigkeit zur Hoffnung verbunden. Geduldig ist auch, wer Schwierigkeiten, Leiden oder lästige Situationen mit Gelassenheit und Standhaftigkeit erträgt." (https://de.wikipedia.org/wiki/Geduld, 26. August 2019, 11:08 Uhr)

 

Allein aus dieser Definition lässt sich schließen, das Geduld eben nicht von vorneherin zu den "Tugenden" der Kinder, und das bezieht sich nicht nur auf Kinder in der Jugendhilge, zählt. Kinder sind zunächst Instiktwesen. Sie kommen hilflos auf die Welt und benötigen die Liebe, Zuwendung und Pflege der Eltern. Hunger muss gestillt werden, das Kind muss gepflegt werden und es braucht Schlaf. Und ein jeder weiß, ein Baby ist nicht geduldig und das muss es auch nicht sein. Geduld wird im Laufe des Lebens antrainiert oder auch erlernt. Und so mancher Erwachsener hat überhaupt kein geduldiges Wesen.

Gehen wir nun auf die Definition von Geduld ein, wird von der "Fähigkeit" geduldig zu sein gesprochen. Eine Fähigkeit muss vorgezeigt werden und Fähigkeiten müssen ebenfalls trainiert werden. Hierbei wird deutlich, dass Kinder Hilfestellung und Übung zur Geduld benötigen. Ebenfalls bedarf es dabei auch der Geduld der Erwachsenen, die bei diesen Lernprozessen dabei sind. Am besten funktioniert es, wie so vieles im Leben, wenn die Erwachsenen mit gutem Beispiel voran gehen.

Auch das Leben mit ungestillten Bedürfnissen oder Sehnsüchten stellt ebenfalls für viele Erwachsene eine große Herausforderung dar. Und nun sollen Kinder hier souverän reagieren und geduldig bleiben. Greift man nun den Begriff der Hoffnung auf, sollte diese eine Kraft sein, die Kindern noch inne wohnt. Allerdings müssen wir hier in der Jugendhilfe leider oftmals beobachten, wie nüchtern und desillusioniert Kinder sein können. Diese Abgestumpftheit, die sich oft auch in Ablehnung und Unmut umwandelt, entsteht bei vielen der Kinder in der Jugendhilfe durch enttäuschende Erfahrungen mit den eigenen Eltern. Wie sollen Kinder, die stark in ihrem Urvertrauen erschüttert wurden, beispielsweise fremden Betreuern in der Jugendhilfe vertrauen oder eben in der Interaktion und bei ihren täglichen Aufgaben geduldig sein?

Als letzten Punkt führt die Definition "Gelassenheit" auf und auch Gelassenheit bekommt man eigentlich am besten vorgelebt. Und gerade hier kann ich aus meinem Arbeitsalltag berichten, dass Kinder, deren Ursprungsfamilien, salopp gesagt, nicht funktionieren, eben aus ungeregelten Verhältnissen stammen. Dies bedeutet, dass oft eine Streitkultur vorherrschte sowie ein regelloser Alltag, der den Kindern niemals Beständigkeit bot. Und nur Beständigkeit kann zu Gelassenheit führen.

 

Was hat Stille mit Geduld zu tun?

 

Wir wissen, Kindern fällt es beispielsweise schwer, still zu sitzen oder auch still zu sein. Sie haben einen natürlichen Bewegungs- und Auslebedrang, den es definitv zu fördern und zu unterstützen gilt. Allerdings kann Stille bzw. still sein auch eine gute Übung darstellen. Denn auch für Kinder kann es eine tolle Erfahrung sein, zum Beispiel die Stille der Natur zu genießen. Die Stille der Natur ist kein tristes Schweigen. Nein, sie ist eher eine Symphonie geschrieben von Flora und Fauna. Gelingt es nun den Kindern, sich zu entspannen und sich beispielsweise bei der Gartenarbeit still zu verhalten und zu versuchen, Tier- und Insektengeräusche zu erhaschen, so sind die Kinder dabei oftmals überrascht, was sie aus der Stille heraushören können. Dabei schaffen sie es oft zur Ruhe zu kommmen und so arbeiten sie plötzlich ganz geduldig an ihrem Projekt,

 

Auch das verbleiben in der Stille bedarf Anleitung

 

Wenn ich mir von den Kindern wünsche, dass sie einmal in die Stille lauschen sollen, dann leite ich das ganze an. Ich nehme sie im übetragenen Sinne an der Hand und begleite sie bis zu einem bestimmten Punkt mit gesenkter Stimme. Ich lausche zunächst selbst und stelle dann gezielt Fragen. So frage ich dann zum Beispiel, ob sie das Rotkehlchen hören können oder das Summen der Bienen. Dabei bitte ich sie dann irgendwann sich auf diese Geräusche zu konzentrieren und sich vorzustellen, was die Tiere und Insekten gerade machen.

 

Mein Fazit

 

Für Kinder ist es wichtig, Tugenden oder Fähigkeiten vorgelebt zu bekommen. Gerade Gedlud und Stille wünschen sich viele Erwachsene von Kindern. Dies gelint aber nur, wenn der Haushalt bzw. die Familie oder die Analog-Familie diese Fähigkeiten lebt. Das ist mitunter anstregend und bedarf Konsequenz! Aber ohne Konsequenz stehen wir in der Jugendhilfe, aber auch Eltern im Allgemeinen, auf verlorenem Posten.